Bei Kündigung eines Verbraucherimmobiliendarlehens wegen Zahlungsverzug darf die Bank keine Vorfälligkeitsentschädigung geltend machen.
Der BGH hat in zwei bemerkenswerten Urteilen vom 19.01.2016 Az. XI ZR 103/15 und vom 22.11.2016 Az. XI ZR 187/14 den Banken einen Anspruch auf eine Vorfälligkeitsentschädigung verwehrt.
Der BGH führt in seinem Leitsatz vom Urteil Az. XI ZR 103/15 aus:
„§ 497 Abs. 1 BGB (in der bis zum 10. Juni 2010 geltenden Fassung) enthält eine spezielle Regelung zur Schadensberechnung bei notleidenden Krediten, die vom Darlehensgeber infolge Zahlungsverzugs des Darlehensnehmers vorzeitig gekündigt worden sind. Die Vorschrift schließt die Geltendmachung einer als Ersatz des Erfüllungsinteresses verlangten Vorfälligkeitsentschädigung aus.„
Weiter heißt es im Urteil:
„Der Kläger hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Rückzahlung der von ihm gezahlten Vorfälligkeitsentschädigung nebst Zinsen und angefallenen anteiligen Nebenkosten aus § 812 Abs. 1 Satz 1 Fall 1 BGB in Höhe von 24.569,18 € nebst Rechtshängigkeitszinsen.„
Im Ergebnis bedeutet dies für alle Darlehensnehmer die Verbraucher sind und die zwischen dem 01.01.2002 und dem 10.06.2010 ein Immobiliendarlehen geschlossen haben, dass sie eine von der Bank geforderte Vorfälligkeitsentschädigung entweder nicht zahlen müssen oder eine bereits gezahlte zurückfordern können, wenn die Bank das Darlehen wegen Zahlungsverzuges gekündigt hat.
Eine Rückforderung von bereits gezahlten Vorfälligkeitsentschädigungen ist binnen der regelmäßigen Verjährungsfrist von 3 Jahren möglich. Die Verjährungsfrist beginnt ab dem Ende des Jahres zu laufen indem die Vorfälligkeitsentschädigung gezahlt wurde. Wurde 2016 eine Vorfälligkeitsentschädigung gezahlt, würde dementsprechend der Rückforderungsanspruch im Rahmen der regelmäßigen Verjährung zum 31.12.2019 verjähren. Ob darüber hinaus noch länger zurückliegende Zahlungen zurückgefordert werden können, ist bisher nicht entschieden.
Diese positive Rechtsprechung des BGHs gilt wenigstens für alle Darlehensverträge die zwischen dem 01.01.2002 und dem 10.06.2010 geschlossen wurden.
Maßgeblich für die Frage, welches Recht anzuwenden ist, ist dabei nicht der Zeitpunkt der Zahlung der Vorfälligkeitsentschädigung, sondern der Zeitpunkt des Vertragsschlusses. Es kommt daher auf den Tag des Vertragsschlusses an, ob die o.g. BGH-Rechtsprechung zur Anwendung kommen kann oder nicht.
Der BGH führt ergänzend in seinem Urteil vom 22.11.2016 Az. XI ZR 187/14 aus:
„Einen Anspruch auf eine Vorfälligkeitsentschädigung billigt der Gesetzgeber dem Darlehensgeber nur in Fällen zu, in denen der Darlehensnehmer den Darlehensvertrag vorzeitig kündigt (vgl. § 490 Abs. 2, § 502 BGB).„
Dies kann so verstanden werden, dass jede Vorfälligkeitsentschädigung von Verbrauchern bei Immobiliendarlehen zurückgefordert werden kann, die von der Bank verlangt wird, wenn der Darlehensvertrag von der Bank gekündigt wurde. Nach dem BGH Urteil steht der Bank nur dann eine Vorfälligkeitsentschädigung zu, wenn der Darlehensnehmer aktiv kündigt.
Betroffene Darlehensnehmer sollten daher nicht zögern anwaltliche Beratung in Anspruch zu nehmen und einen ggf. bestehenden Rückforderungsanspruch prüfen zu lassen.