Verweigert der Bankberater im Beratungsgespräch die Bekanntgabe der Höhe der Provision, die er an Rückvergütungen – auch Kickbacks genannt – erhält und kauft der Anleger dennoch die empfohlenen Kapitalanlagen, kann er sich später nicht mehr auf eine Aufklärungspflichtverletzung des Beraters hinsichtlich verschwiegener Rückvergütungen berufen.
Der Bundesgerichtshof verkündete in seiner Entscheidung vom 08.04.2014 Az. XI ZR 341/12, dass sich der Anleger nach Treu und Glauben (§ 242 BGB) nicht mehr auf eine Pflichtverletzung des Beratervertrags berufen kann, wenn er wusste, dass Rückvergütungen fließen, er aber trotzdem zeichnet.
Schadensersatzansprüche sind damit verwirkt
Der Bank später vorzuwerfen, sie hätte über die genaue Höhe der Rückvergütungen ungefragt aufklären müssen und der Anleger hätte bei Kenntnis der genauen Höhe, das Investment nicht getätigt, ist ein widersprüchliches Verhalten. Eine Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen (§ 280 BGB) mit dieser Begründung verstößt gegen das rechtliche Grundverständnis aller recht und billig denkenden Menschen und kann daher nicht verlangt werden.
Nebenbei stellt der Bundesgerichtshof fest, dass wenn dem Anleger bei Zeichnung bekannt ist, dass Rückvergütungen fließen und ihm nur die Höhe nicht bekannt ist, die 3 jährige Regelverjährungszeit hinsichtlich dieser Pflichtverletzung zu laufen beginnt. Nicht betroffen von dieser Verjährung sind freilich sonstige weitere Pflichtverletzungen, wie etwa mangelnde Risikoaufklärung über ein Totalverlustrisiko oder das Emittentenrisiko. Jede Pflichtverletzung eines Anspruchs verjährt getrennt für sich.
Zweifelhafte Begründung des Bundesgerichtshofs
Während man dem Bundesgerichtshof hinsichtlich der Verjährungsbegründung sicherlich folgen kann, dürfte die Begründung hinsichtlich der Rückvergütungen nicht ganz unumstritten sein. Zwar ließe sich darüber diskutieren, ob die Höhe der Rückvergütungen wirklich kausal für die Entscheidung zum Kauf der Kapitalanlage war oder nicht, wenn der Anleger weiß, dass die Bank Rückvergütungen erhält, er aber die Höhe nicht kennt und dennoch zeichnet. Allerdings festzustellen, dass der Anleger in einem solchen Fall generell keinen Schadensersatzanspruch hat, ist schwierig. Immerhin handelte der Bankberater vorsätzlich und wissentlich gesetzeswidrig, indem er dem Anleger die Auskunft über die Höhe der Rückvergütungen verweigerte und dies trotz Nachfrage. Dieser Umstand dürfte den wenigsten unsachkundigen Anlegern allerdings vor der Beratung bekannt sein. Ein wertendes Element vom Bundesgerichtshof, welches etwa auf die Höhe der erhaltenen Rückvergütungen abstellt und diesen Punkt in die Kausalität zieht, wäre wünschenswert gewesen. Hier dürfte es durchaus einen Unterschied machen, ob es sich um 1-4% Rückvergütungen handelt oder der Berater 15-20% an Rückvergütungen erhält. In letzterem Fall wären nach der jetzigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs alle Anlegerberater besser gestellt, die zwar ihren Kunden mitteilen, dass sie Rückvergütungen erhalten, diesen aber die Höhe aber verschweigen. Bei derart hohen Rückvergütungen dürfte sich nämlich jeder Anleger Gedanken machen, ob er dieses Investment wirklich zeichnet und der Bankberater neutral beraten hat.
Nach derzeitigem Stand kommt es aber darauf nicht an. Wichtig für Ansprüche hinsichtlich verschwiegener Kickbacks ist demnach nur, ob es sich um Kickbacks im Sinne der Rechtsprechung handelt
Dies sind Zahlungen die aus offen ausgewiesen Ausgabeaufschlägen, wie etwa Vertriebsprovisionen vom Emittenten umsatzabhängig an die jeweils beratende Bank zurückgezahlt werden, ohne dass diese dem Kunden offen gelegt werden.
Wird dem Kunden dargelegt, dass Rückvergütungen fließen, aber die Höhe nicht bekannt gegeben, hat der Anleger hingegen keine Schadensersatzansprüche mehr.
Klar hiervon zu trennen sind Fälle in denen den Anlegern falsche höhen von Rückvergütungen mitgeteilt oder offen gelegt werden. Hierbei haben die Anleger auch nach aktueller Rechtslage nach wie vor einen Anspruch auf Schadensersatz gegen ihre beratende Bank.