Der BGH hat mit seiner Entscheidung vom 14.07.2020 – XI ZR 553/19 die Rechte von Darlehensnehmern gestärkt. Konkret ging es um sogenannte alte Darlehensforderungen einer Bank, die Jahre später durch ein Inkassounternehmen beigetrieben werden sollten.
Der Darlehensvertrag wurde 2004 geschlossen. Im Jahre 2008 blieben die Darlehnsraten aus. Die Bank mahnte dies an und drohte mit der Kündigung des Darlehensvertrages. Gegen Ende 2008 kündigte die Bank und stellte die Rückzahlung sofort fällig.
Die Zahlungsklage gegen den Darlehensnehmer wurde Anfang 2018 vor dem Landgericht Gießen begründet und der Darlehensnehmer von diesem zunächst zur Rückzahlung verurteilt. Das Berufungsgericht hielt das Urteil aufrecht.
Der BGH hob mit seiner Entscheidung vom 14.07.2020 – XI ZR 553/19 das Urteil jedoch auf und verwies zur erneuten Entscheidung zurück.
Grundlage der Möglichkeit der Jahre später erfolgenden Forderung war u.a. der § 497 Abs. 3 S. 3 BGB.
Der § 497 Abs. 3 S. 3 BGB bestimmt, dass die Verjährung des Rückzahlungsanspruch der Bank gegen den Verbraucher 10 Jahre lang gehemmt sein kann. Dies führt zum Teil zu sehr langen Verjährungsfristen gegenüber Verbraucherdarlehensnehmern, da sich zu dem Hemmungszeitraum die Verjährungsfristen addieren (§§ 195 ff. BGB).
Dabei bestätigte der BGH zwar, dass grundsätzlich der Hemmungstatbestand des § 497 Abs. 3 S. 3 BGB bei gekündigten Darlehensverträgen greifen kann und damit die Verjährung zunächst gehemmt ist (§ 209 BGB), aber nur dann wenn die gesetzlichen Voraussetzungen auch erfüllt sind.
Der BGH zieht die Hemmung der Verjährung aus mehreren Gründen in Zweifel. Hauptsächlich sieht er sowohl die Wirksamkeit der Kündigung nach bisherigem Verfahrensgang als nicht belege an und auch nicht den Verzug des Darlehensnehmers, sowie den vollständigen Übergang der ursprünglichen Forderung an das Inkassounternehmen.
Das Inkassounternehmen hat bisher nicht nachweisen können, dass der in der Androhung der Kündigung des Darlehensvertrages genannte „Rückstand“ korrekt war. Hätte die Bank vom Darlehensnehmer zu viel gefordert (Minimalbeträge ausgenommen), hätte dies die Unwirksamkeit der Kündigung zur Folge (BGH 26.01.2005 – VIII ZR 90/04).
Weiterhin hätte dem Darlehensnehmer mit der Kündigungsandrohung eine ausreichende Zahlungsfrist gesetzt werden müssen. Die Bank hätte seinerzeit dem Darlehensnehmer zwei Wochen Zeit zur Rückzahlung geben müssen. Vorliegend hatte die Bank mit Schreiben vom 23.06 zur Zahlung bis zum 07.07. aufgefordert. Das war dem BGH zu kurz, da es sich um eine qualifizierte Schickschuld handelt und es ausgereicht hätte, wenn der Darlehensnehmer am letzten Tag der zwei Wochenfrist das Geld auf den Weg gebracht hätte. Die Bank hatte aber auf den Eingang binnen zwei Wochen abgestellt.
Ohne wirksame Kündigung hätte keine fällige Forderung bestanden.
Weiterhin hat der BGH den Eintritt des Verzugs nach der erfolgten Kündigung hinterfragt.
In der verzugsbegründenden Mahnung muss ein korrekter Gesamtbetrag genannt werden. Vorliegend wurden aber 16,19 € zu viel gefordert. Bei einer Zuvielforderung kann § 286 Abs. 4 BGB greifen, sodass der Darlehensnehmer nicht in Verzug gerät, wenn er die geschuldete Forderung nicht alleine ausrechnen kann. Ob dies hier der Fall ist, ließ der allerdings BGH offen. Hierzu fehlten dem BGH hinreichende Feststellungen der vorhergehenden Gerichte.
Ganz grundsätzlich hat der BGH in seinem Urteil vom 14.07.2020 – XI ZR 553/19 zudem ausgeführt, dass Rechtsverfolgungskosten nicht in ihrer Verjährung von § 497 Abs. 3 S. 3 BGB geschützt werden. Auch wenn die Forderung der Bank ggf. noch nicht verjährt ist, kann es der Anspruch auf Ersatz der außergerichtlichen Rechtsverfolgungskosten im Rahmen der regelmäßigen Verjährungsfristen ohne weiteres sein.
Damit hob der BGH das OLG Frankfurt auf und verwies zur erneuten Entscheidung zurück.
Ergänzend bemerkenswert ist, dass der BGH in seiner Entscheidung vom 14.07.2020 – XI ZR 553/19 die Abtretungen der Forderungen thematisiert hat. Oft werden derartige Forderungen nicht mehr vom ursprünglichen Forderungsinhaber (Bank/Versicherung), sondern mehrfach übertragen und von einem Inkassounternehmen geltend gemacht.
Der BGH hat vorliegend moniert, dass nicht hinreichend die Forderungsinhaberschaft der gesamten Forderung beleuchtet wurde. Der Anspruchssteller muss eindeutig und unzweifelhaft nachweisen können, dass er Inhaber der Hauptforderungen aber auch und hierauf weist der BGH explizit hin, der Zinsforderungen ist.
Das Urteil betrifft im Wesentlichen Verbraucher, die sich Forderungen von Banken oder Inkassounternehmen gegenübersehen von Verträgen, die schon vor Jahren beendet worden sind, aber nie hinreichend nachdrücklich eingefordert wurden.
Der BGH liefert quasi eine Blaupause dafür derartige Forderungen vor Gericht in Zweifel zu ziehen. Mit dem jetzt ergangenen Urteil dürften sich die Erfolgsaussichten Betroffener Verbraucher deutlich besser gestalten als bisher.
Insbesondere Details wie die Rückzahlungsfrist in der Kündigungsdrohung oder auch die Höhe der Rückzahlungsforderung, aber auch der eindeutige Forderungsübergang wurden bisher in der Rechtsprechung oft nicht hinreichend beachtet.